Samstag, 25. September 2010

9. Spieltag: SC Victoria – FC St. Pauli II 4:5 (24.09.2010)

Ganz ehrlich? Ich hätte auf diesen Spielbericht gut verzichten können, viel Bock, das Drama noch einmal in leidigen Worten nachzuvollziehen, hab ich nämlich nicht. Unsere Homepage allerdings erfreut sich seit Freitag solch enormer Aufmerksamkeit, mich deucht, unsere Sicht des Spitzenspiels ist gefragt. Besser spät als nie kommen wir dieser offensichtlichen Begierde nach kaotischem Geschreibsel also mal nach…
Der Tag begann eigentlich noch ganz okay, nicht nur der Verein hegte die Hoffnung auf viele Zuschauer an der Hoheluft, auch wir glaubten noch an ein gut gefülltes Stadion. Die Hoffnung wurde bekanntlich getrübt, als schließlich gegen 17 Uhr der elendige Regen einsetzte und nicht mehr innehielt.
Immerhin hatten wir gut beraten von einer etwaigen Auflagensteigerung des Flyers abgesehen, die Leier mit dem feinen Hamburger Wetter kennen wir ja schon. In der Klause dann auch auf Vereinsseite hängende Köpfe, da braucht man einmal gutes Wetter im Jahr…
Egal! Auf den Stand wurde zwar verzichtet, der ganze andere Schnickschnack aber im strömenden Regen aufgebaut. Schon eine Stunde vor Anpfiff waren dann auch alle Kaoten entsprechend durchnässt. Dreizehn Gesangesfreudige nahmen schließlich die widrigen Bedingungen an und trotzten sowohl Wetter als auch Gegner. Dieser hatte sich übrigens fast komplett auf der heimeligen Tribüne verkrochen und machte sich immerhin gelegentlich von dort aus bemerkbar.
Sportlich verpennte der SCV den Start des Spitzenspieles übrigens und etwas erschreckend zappelte der Ball im blau-gelben Kasten bevor sich unsere Mannen überhaupt so richtig sortieren konnten.
Übrigens stand heute recht überraschend wieder Dennis im Tor, Florian Ludewig war die ganze Woche über beruflich verhindert – so ist das leider bei richtigen Amateuren.
Positiv, der Treffer schien ein Weckruf für den SCV, als unmittelbare Reaktion versenkte nämlich Pokalheld Stephan Rahn das Leder im Gästetor. Also, Victoria wieder (oder noch) im Spiel.
Obwohl einem das Wasser permanent in die Schuhe lief und nach der ersten Hüpfeinlage eh alle nach ner Runde Woodstock-Revival ausschauten, blieb die Stimmung recht ordentlich. Sicher hatten wir schon wesentlich bessere Auftritte, aber es klappte phasenweise doch recht anständig, bzw. bockte manchmal sogar richtig. In der ersten Hälfte reichten dann schließlich eine Handvoll Lieder, die aber dank der Begeisterung kein Ende mehr nehmen sollten. War nice, selbst zur Halbzeitpause hätten wir gut noch weitersingen können, aber da sind wir ja noch gar nicht…
Circa zehn Minuten nach dem Rahn-Ausgleich gelang es abermals den Gästen, die Führung zu übernehmen. St. Paulis Becken triumphierte über Wolf und es schien, als sollten unsere Jungs heute kein Mittel gegen die wirklich sehr starken Reservisten des FC. St. Pauli finden.
Irrtum, denn den Mannen von der Hoheluft blieb zumindest ein Mittel: Ihr Wille. Mit Kampf und Leidenschaft (Floskeln dreschen, allez) gelang es schließlich Harmurcu, noch vor dem Seitenwechsel die Balance in der Partie wieder herzustellen. Und ja, ihr habt das schon richtig gelesen, Harmurcu nach Vorlage von Lauer!
Der Kaot konnte also in der Halbzeit zufrieden sein, trotz des starken Gegners war der SCV noch im Spiel. Lediglich unsere provisorisch geflickte Trommel muckte herum, der Regen weichte die vermeintliche Allzweckwaffe Klebeband immer wieder durch, so dass wir doch öfters mit den Sticks im zerfetzten Fell hängenblieben. Aber was soll’s, irgendwie musste es trotzdem gehen und es ging ja auch.
Die zweite Hälfte fügte sich nahtlos in die bisherige Partie und nur wenige Spielminuten später war es wieder der Gast vom Kiez, der triumphierte und der SC Victoria, der nicht aufgab. Auch wenn es für unsere Truppe am Ende wie jedes Jahr um nichts als die berühmte goldene Ananas geht (an den Aufstieg glaubt ja eh keiner mehr) ist es beachtlich, wie die Jungs sich trotzdem immer wieder reinhängen. Was die innere Einstellung angeht, hab ich selten so eine tolle Truppe erlebt.
Diesmal war es Roger Stilz, der von Harmurcu in Szene gesetzt, erneut den Gleichstand herstellte. Kollektives Ausrasten auf den Rängen, also auf den nicht überdachten. ;-)
Grundsätzlich würde ich den Gästesupport in etwa wie bei einem Altona-Spiel einschätzen, gelegentliche Schlachtrufe, dann aber ob der Masse natürlich recht laut. Negativ anzumerken, dass die Gäste nun unbedingt einen „Scheiß HSV“-Wechselgesang starten mussten. Leute, das ist einfach respektlos gegenüber den Jungs auf dem Platz (BEIDEN Teams gegenüber), vor allem bei der tollen Leistung. Den HSV hat nämlich außer euch wirklich keiner auf dem Spielfeld entdecken können. Schade, dass ihr das nicht checkt!
Mit dem 3:3 setzte dann auch die Stille auf der Tribüne ein, dabei sollte Blau und Gelb sogar noch einen draufsetzen: Die Erfolgscombo der letzten Woche drehte das Spiel: Melich schickte Rahn und die immer gleiche Leier: Rahn schießt und trifft. Noch einmal kollektives Ausrasten! Gäbe es einen Superlativ dafür, also so etwas wie das kollektive, allerheftigste Über-Ausrasten, ja, das könnte die Stimmung bei den wenigen dafür aber wind- und wetterfesten Victorianern gut treffen.
Irgendwie wäre es aber wohl zu schön gewesen, wenn ich euch heute hätten schreiben können, die Geschichte sei letztlich auch so Hollywood-gerecht ausgegangen, aber mitnichten.
Die Kiezkicker drückten und tatsächlich machte Bajramovic den entscheidenden Fehler und meinte, mit der Hand im Strafraum herumzuwerkeln und brockte uns nicht nur den Elfmeter zum Ausgleich, sondern auch noch 20 Minuten in Unterzahl ein.
Mehr als ein Unentschieden war also plötzlich kaum noch drin. Als schließlich auch noch Dennis Theißen nach einer Rangelei gemeinsam mit seinem Gegenspieler vom Platz musste, war das Loch in unserer Abwehr so groß, dass aus der Unordnung nach der erneuten Abwehrumstellung letztlich sogar der Siegtreffer der Gäste resultieren musste.
Im Anschluss gab es direkt vor unseren Augen nochmals Rot für Stilz, diesmal allerdings total übertrieben.
Natürlich ein Scheiß Ende für so ein Spiel. Blau-Gelb hat wirklich eine tolle Moral bewiesen und einen großen, vorbildlichen Kampf geliefert. Am Ende fehlte einfach das sprichwörtliche Quäntchen Glück. Der Mannschaft kann man sicherlich keinen Vorwurf machen, lediglich den Wettermuffeln, die aus Bequemlichkeit ein grandioses Spiel versäumt haben.
Klar, die Medien überschlagen sich und alle sprechen von bester Werbung für den Amateurfußball, aber was haben wir tatsächlich davon? Am Ende zeigt sich lediglich, dass alle reinen Amateure diese Saison wahrscheinlich nur den „Best of the Rest“-Cup austragen können, die Möglichkeiten, ob Spieler, ob Trainingsbedingungen etc. machen einfach einen offenkundigen Unterschied, zu dessen Egalisierung es nicht nur extremer Leistung, sondern auch noch sehr viel Glück bedarf. Die Jungs spielen schon sehr stark auf, sollten die Mannen von Jörn Großkopf also nicht noch in plötzliche Unruhe oder Lustlosigkeit verfallen sehe ich nicht nur ihren direkten Wiederaufstieg in trockenen Tüchern, sondern diesmal sogar die Meisterschaft.
Trotzdem werden wir natürlich dran bleiben, die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt!
Danke für die vielen neuen Klicks und Interessenten und überhaupt danke für das Weiterverlinken unserer Seite. Wir sind tatsächlich schwer beeindruckt, dass unsere „Eventflüchtling“-Argumentation so viel Wind bei unseren Gästen auslösen konnte, sprich sie sich sogar zu einer Rechtfertigung genötigt fühlten. Einfach cool, offensichtlich ist die Message in soweit angekommen – wer hätte das bitte gedacht?!?