Samstag, 18. August 2012

DFB-Pokal, 1. Runde: SC Victoria – SC Freiburg 1:2 (1:1) (18.08.2012)

Den SC Freiburg als Erstrundengegner im DFB-Pokal zu haben, stellte sich relativ schnell als Fluch und Segen zugleich heraus. Fluch, weil so der ganz große Geldregen ausblieb. Segen, weil man gegen den durchaus sympathischen Verein aus dem Süden der Republik, der traditionell auf seine gute Nachwuchsarbeit setzt, halbwegs entspannt im eigenen Stadion spielen konnte und nicht wieder ins Viertel oder gar in den Volkspark auswandern musste. Gerade dieser Aspekt überwog nach und nach bei der Bewertung des Loses, auch wenn beim einen oder anderen zunächst Enttäuschung ob des verpassten Blockbuster-Spiels à la Bayern oder Dortmund da war. In den Tagen vor der Begegnung setzte sich aber immer mehr die Vorfreude durch. Schon im Vorverkauf mehr Karten abgesetzt als vor zwei Jahren gegen Oberhausen insgesamt, dazu einer der heißesten Tage des Jahres im Wetterbericht. Es versprach, ein Fußballfest zu werden.
Bevor dieses aber letztlich auch steigen konnte, musste noch so manche Hürde übersprungen werden. Wie wir alle wissen, agieren wir hier beim SCV in einem familiären Amateurverein. Das ist meistens eine sehr sehr gute und wichtige Sache, die wir uns unbedingt bewahren sollten. Das wird aber dann problematisch, wenn schnelles und vor allem kompetent durchdachtes Entscheiden nötig wird. Dass es hier (noch?) an manchen Stellen ganz gewaltig hapert, zeigten die Stunden direkt vor Anpfiff des Spiels. Das Theater, das hier veranstaltet wurde, wie sich heraus stellen sollte natürlich ohne jegliche Grundlage, hat vielen die Freude zunächst einmal gründlich vermiest. Da steht man seit früh morgens unter Strom, macht und tut, und hat mit Arschaufreißen noch gar nicht so richtig angefangen, und manche Leute tun so, als ob wir das erste mal im Stadion sind. Hier gilt es sehr schnell einen vernünftigen Weg zu finden, sonst stehen wir sehr schnell vor sehr verhärteten Fronten!
Neben diesen überflüssigen Nebenkriegsschauplätzen galt es auch noch das normale Arbeitspensum zu erledigen: Fahnen aufbauen (dieses Mal ohne Probleme, das heilige DFB-Grün durfte sogar angetastet werden), Flyer verkaufen etc. pp. Das alles unter sengender Hitze, was gibt es Geileres?!?!? Die 120 Flyer waren ca. eine halbe Stunde vor Anpfiff ausverkauft, das hat man auch nicht alle Tage. Auch der Container brummte (aber keine Sorge: Ist noch ganz viel da, einfach mal reinschauen) und das Stadion füllte sich immer mehr. Zu den offiziellen 4375 Zuschauern dürften noch relativ viele Nicht-Zahlende gekommen sein, so richtig viele Lücken gab es jedenfalls nicht. Und auch der neu geschaffene Gästeeingang wurde fleißig genutzt und der Gästeblock sah gut gefüllt aus. Eben dieser neueste Teil unseres Stadions löste regelrechte Begeisterungsstürme in unseren Reihen aus. Jetzt haben wir eine richtig geile Hütte mit allem drum und dran. Nächster Bauwunsch: Ein Dach für Block C! :-)

Die insgesamt wohl 5000 Zuschauer waren wahrscheinlich noch gar nicht alle auf ihren Plätzen, da klingelte es fast schon im Kasten des Sport-Clubs. Anders als zu erwarten gewesen wäre, allerdings auf Seiten der Freiburger! Benny Hoose stocherte vor dem Tor herum, wurde dabei von Torwart Baumann aber regelwidrig zu Fall gebracht. Ergebnis: Elfmeter nach sechs Minuten Spielzeit. Viel besser kann es für einen Underdog nicht laufen. Schnell in Führung gehen, dann hinten rein stellen und auf Konter lauern. Guter Plan, wäre da nicht unsere momentane Elfmeterschwäche. Roger Stilz übernahm Verantwortung und setzte die Kugel platziert in die linke untere Ecke. Leider aber zu platziert, denn er ging daneben. So blieb es zunächst bei 0:0 und der Bundesligist hatte Gelegenheit immer besser ins Spiel zu kommen. Fünf Minuten nach der Riesenchance zur Führung setzte der gebürtige Hamburger Max Kruse die Kugel per Kopf sehenswert unhaltbar über Christian Schau, der sich den Auftritt in der letzten Pokal-Saison sowie in diesen 90 Minuten redlich verdiente, hinweg ins Tor. Also doch so, wie es vorher zu befürchten war. Der Gedanke, dass man sich jetzt aber bitte nicht einfach abschießen lassen möge, war noch nicht zu Ende gedacht, da stand es auch schon 1:1. Dennis Sudbrack tankte sich auf Rechts wunderbar durch, brachte den Ball scharf in die Mitte, wo sich Jakob Sachs gegen den Bundesliga-Verteidiger durchsetzen konnte und vollendete. Eine so schnelle Reaktion hätten wohl nicht besonders viele erwartet, Wahnsinn!
Wenige Minuten später hatte Sachs sogar noch das zweite Tor auf dem Fuß, vergab aber aus spitzem Winkel nach langem Sprint, schade! Auch Freiburg hatte vor der Halbzeit noch eine Chance, die der sehr gut aufgelegte Schau aber entschärfte. Halbzeitfazit: Ein zur Pause durchaus gerechtes Unentschieden, es war noch alles offen.
Die 15 Minuten nutzte der neue Sponsor für ein kleines Spielchen. Wenn das bei so besonderen Spielen gemacht wird, ist das auch eine ganz nette und harmlose Sache. Problematisch wird das Ganze nur, wenn auch bei normalen Spielen irgendwelche Firmen-Maskottchen durch die Gegend rennen. Da gilt es auf jeden Fall ein Auge drauf zu behalten.

Die zweite Spielhälfte gestaltete sich sehr, sehr einseitig. Freiburg versuchte alles, doch die blau-gelben Abwehrreihen hielten. Der Bundesligist stellte sich zugegebenermaßen auch recht ungeschickt und uninspiriert an. Ebenso der SCV bei den wenigen sich bietenden Kontergelegenheiten. Zu oft wurde der Ball nach wenigen Stationen wieder vertändelt, zu unkonzentriert die Angriffe vorgetragen. Da musste der Viertligist wohl auch der Hitze Tribut zollen. Nach 80 Minuten aufopferungsvollem Kampf passierte es dann aber doch: Ein Ball prallt unglücklich von Markus „The Turban“ Rabenhort ab, Freis muss aus kürzester Distanz nur noch einschieben. Wo andere sich vielleicht ihrem Schicksal ergeben hätten, machten unsere Jungs aber weiter. So drängten sie den Bundesliga kurzzeitig noch mal in die eigene Hälfte zurück, der lucky punch gelang aber nicht mehr. Ist wahrscheinlich auch besser so: Eine Verlängerung bei diesen Temperaturen hätte keinem gut getan. Und wer weiß, welche Verletzungen neben der Platzwunde von Rabenhorst und der gebrochenen Nase von Lauer noch so dazu gekommen wären?
Was bleibt ist die Erkenntnis, dass diese Mannschaft nicht nur in der Lage ist offensiv Akzente zu setzen, sondern auch hinten dicht machen kann. Wenn wir in der Regionalliga hier eine gute Balance finden, steht den ersten Punkten nichts im Wege.

Nach den oben beschriebenen Schwierigkeiten im Vorfeld war das Motivationsniveau im Block zu Spielbeginn sicherlich ausbaufähig. Allerdings konnte die Spielweise der Mannschaft samt Wetter und vollem Stadion schnell begeistern, sodass (fast) alle im Virage Absurde Vollgas gaben. Dieser war allerdings weit weniger gefüllt als noch vor zwei Jahren, sodass es lautstärkemäßig etwas unter den Erwartungen blieb. Die meisten, von denen man das erwartet, haben aber durchgepowert bis zum Erbrechen und auch ein paar von denen, bei denen man vorher nicht unbedingt damit gerechnet hatte, wurden beim schwungvollen Mitmachen ertappt. Das Spiel der Jungs auf dem Rasen machte einfach nur Spaß, das übertrug sich natürlich auch auf die Ränge. So hallte wiederholte ein SCV-Wechselgesang durchs weite Rund, sehr geil! Insgesamt aufgrund der stellenweise etwas fehlenden Lautstärke kein perfekter Auftritt, sehr gut war er aber alle mal.
Den Anpfiff zur zweiten Hälfte nutzten wir, um per Spruchband darauf aufmerksam zu machen, dass Victoria nicht nur alle paar Jahre mal im DFB-Pokal interessant ist, sondern auch in der Regionalliga Unterstützung braucht. Es wird heute spannend sein zu sehen, wie viele Menschen sich eine Woche nach dem Highlight DFB-Pokal und trotz Bundesliga-Start an die Hoheluft begeben.
Auf Freiburger Seite hingegen nutzte man den Wiederanpfiff für eine kleine Pyroeinlage. Gab es für den lilanen (wtf?) Rauch von uns noch Applaus und „Pyrotechnik ist kein Verbrechen“-Soli-Gesang, stellten wir beides ein, als plötzlich Böller flogen und eine Rauchbombe auf dem Platz landete. Wie sich später heraus stellte, war wohl ein Freiburger Stadionverbotler auf die grandios idiotische Idee gekommen, Sachen von außerhalb des Stadions in selbiges zu werfen. Böller und Pyro auf dem Platz sind schon dumm genug, das Ganze dann ohne Rücksicht auf Verluste blind irgendwo rein zu werfen stellt das aber noch in den Schatten. Bleibt zu hoffen, dass Freiburg so fair ist, die Strafen komplett auf sich zu nehmen.
Ansonsten hörte man die Gäste hin und wieder und auch Klatscheinlagen waren zu sehen. 90 Minuten durchsupportet haben sie aber nicht, was immer schade ist.

Insgesamt ein sehr anstrengender Tag, und das für den ganzen Verein. Bleibt zu hoffen, dass jetzt alle ein wenig zur Ruhe kommen und die Hektik der letzten Wochen hinter sich gelassen wird. Auf dem Platz gilt es das mitgenommene Selbstbewusstsein in Punkte umzuwandeln, auf den Rängen gilt es a) mehr Leute dazu zu motivieren an die Hoheluft zu kommen und b) noch weiter an Details im Support zu arbeiten. SC Victoria Hamburg – Partout toujours!